“Bee Society”, 201530 x 30 cm Radierer auf Buchseite, Einsatz von Arbeits-Bienen
Was sehe ich?
Ich sehe zwei kleine, gerahmte Bildfragmente hinter Glas. Wahrscheinlich sind sie aus Papier oder Karton. Die Ränder sind seltsam zerfleddert. Die Farben sind bräunlich. Erkennbar sind Menschen in Uniformen. Die Gesichter fehlen. Der Körpergrösse und Statur nach, sind es eher junge Menschen. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um zwei historische Aufnahmen aus einem Buch oder einer Zeitung.
Kunstwerk im Kontext
Julia Ossko, die zusammen mit ihrem Mann Eugen Schulz auch im Kollektiv unter dem Namen „Leonid Keller“ arbeitet, hat dieses Kunstwerk während eines Studienaufenthaltes in Mexiko realisiert. Bei Bienenzüchtern in Teilstaat Oaxa liess sie Seiten von Adolf Hitler Zeitschrift „Hitlerjugend“ in einen Bienenstock einfügen. Die Arbeitsbienen begannen sogleich, den Fremdkörper – die Papierseiten – anzugreifen und langsam zu zerfressen. Die Parallelen zwischen den fast schon militärisch organisierten, weiblichen Arbeitsbienen und den jungen Männern, die am Ende des zweiten Weltkriegs als „Kanonenfutter“ an die deutsche Kriegsfront geschickt wurden, ist ein Aspekt dieser Arbeit. Die Künstlerin interessiert sich für den ewigen Kreislauf von Geschichte und Natur, wo Arbeit, Kampf, Gehorsam, Leben und Sterben immer nah beieinander stehen.